WEIL ICH DAS SAGE!! Hauptsache Autorität?!

 

Neulich habe ich einen Text (Titel: „Eltern, deren Kinder fliegen lernen“) für Eltern gelesen. In diesem heißt es:

„Kinder müssen lernen zu gehorchen, auch wenn sie nicht mit uns einverstanden sind. `Weil ich es sage` ist manchmal eine passende Antwort auf die Frage `Warum?`. Das nennt man dann positionelle Autorität – die Kinder hören und gehorchen, weil du ihr Elternteil bist.“ Später schreibt der Autor: „Im Laufe der Zeit entscheiden sie [die Kinder] sich dafür, auf dich zu hören […] und mit deiner Logik übereinstimmen.“ Und weiter:  „Wenn unsere Kinder unsere Begründungen bereitwillig übernehmen, erleichtert das später die Aufgabe, sie loszulassen sehr, weil wir dann sicher sein können, dass sie eine gute Richtung einschlagen.“

 

Die positionelle Autorität, die der Autor hier beschreibt ist keine natürliche Autorität. Stattdessen entsteht sie aus der Funktion oder dem Amt eines Menschen, aus welchem heraus sich Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse sowie eine Belohnungs- und Bestrafungsmacht ergibt.

 

Klingt positionelle Autorität für Sie nach einer liebevollen Haltung deinen Kindern gegenüber?

 

Kinder brauchen Führung und Orientierung in ihrem Alltag, denn das erfüllt ihr Bedürfnis nach Sicherheit. Als Eltern sind Sie dafür zuständig diese Führung immer dann zu übernehmen, wenn es notwendig ist. Gleichzeitig dürfen Sie ihren Kindern zutrauen, ihre eigenen Wege, Ideen und Meinungen zu finden.

Elterliche Führung braucht Liebe, Klarheit, Offenheit, Empathie und Güte.

Was sie NICHT braucht, ist positionelle Autorität.

 

Als Eltern können Sie Autorität durch Manipulation, Gewalt (emotional, körperlich, psychisch), Druck und Macht innehaben. Diese basiert auf der Angst Ihres Kindes vor Ihrem Verhalten. Diese Form der Autorität zeigt solange den gewünschten Erfolg, wie Kinder in ihrer Bedürfniserfüllung stark von den Eltern abhängig sind. Je autonomer und selbstständiger Kinder für sich selbst sorgen können, desto belastender und ineffektiver wird die positionelle Autorität werden.

 

Stattdessen können Eltern – wenn Sie bereit sind umzudenken – aber eine natürliche Autorität sein. Diese ergibt sich aus der Rollenstruktur in einer Familie, in der Eltern hierarchisch auf Grund ihrer Versorgungs- und Fürsorgeverantwortung „über“ den Kindern stehen. Die natürliche elterliche Autorität ist geprägt von Respekt vor den eigenen Kindern, Vorbild, Empathie und Kooperationsbereitschaft. Sie gibt den Kindern einen Rahmen, der nicht starr, sondern flexibel ist, der Orientierung im Alltag bietet und ein immer sicherer Hafen ist, in dem Kinder jederzeit ankern dürfen.

 

Die Kindheitspädagogik Susanne Mierau beschreibt es mit den wunderbaren Worten: „Lassen wir das Denken hinter uns, dass Eltern Bestimmer*innen sind und mit Druck, Strafe und Unterwerfung arbeiten müssten und entwickeln wir ein Bild von uns als Eltern, die mit Güte, Liebe und Verständnis unsere Kinder begleiten, ihnen Schutz geben, ihnen als Vorbild im Handeln und Denken dienen und auf diese Weise eine natürliche, liebevolle Autorität bilden, an der sie sich orientieren können.“

 

Ihre Kinder müssen nicht grundsätzlich immer gehorchen. Sie dürfen widersprechen, eine eigenen, andere, Meinung haben, sich gegen Sie als Eltern auflehnen und diskutieren. Sie dürfen willensstark und autonom sein.

Lassen Sie Ihren Kindern den Raum sich frei zu entfalten, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese zu vertreten, eigene Wege zu finden ihre Ziele zu erreichen, dann begleiten wir sie dabei zu selbstbestimmten, selbstbewussten und sich selbst liebenden Erwachsenen zu werden.

Ihre Kinder müssen nicht so denken, fühlen und handeln, wie Sie, liebe Eltern, es für richtig halten. Dem ginge ja die Annahme voraus, Kinder seien ein unfähiges, leeres Gefäß, das von den Eltern gefüllt werden müsse. Doch das ist grundlegend falsch. Kinder sind kein leeres Gefäß, sie sind eine sprudelnde Quelle.

 

Die Aufgabe aller Eltern ist es dafür zu sorgen, dass diese Quelle nicht versiegt. Sie sollte mit Liebe, Fürsorge, Zutrauen und Empathie geführt werden, wann immer dies notwendig ist. Doch machen Sie sich darauf gefasst, dass es bei Zeiten gut ist zur Seite zu treten und dem Fluss der Quelle zu vertrauen. Ganz ohne positionelle Autorität.

 

 

Birte Bloch, 21.Januar 2023