Ab dem Zeitpunkt der Geburt sind wir – spätestens – voll im Elternmodus. Wir haben alles für die Ankunft dieses kleinen Menschleins vorbereitet. Die Erstausstattung wurde mit viel Liebe von uns ausgesucht, ein Zimmer vorbereitet, ggf. ein Geburtsvorbereitungskurs besucht. Wir haben Pläne geschmiedet, was wir in der ersten Zeit auf jeden Fall beachten und umsetzen wollen. Wir haben viel gelesen, uns mit anderen Eltern ausgetauscht, wurden mit kostenlosen Ratschlägen überschüttet, haben manches davon angenommen und vieles wieder verworfen. Wir tun alles in unserer Macht stehende, um uns gut auf unser Kind vorzubereiten. Ab der Geburt sorgen wir, so gut wir können, für seine oder ihre Bedürfnisse.

Wir begleiten unser Kind Schritt für Schritt beim Groß werden. Ganz selbstverständlich lieben, trösten, ermutigen, helfen, erklären, zeigen, stärken und retten wir. Denn wir wissen, dass unser Kind von Null an alles lernen muss. Wir wissen, dass alles auf dieser Welt für unser Kind noch neu ist und Schritt für Schritt erlernt werden will. Manchmal ganz von alleine. Manchmal mit kleinen Hilfestellungen. Manchmal mit viel Begleitung. Bis unser Kind es alleine schafft.

Aber wie ist das eigentlich mit uns? Werden wir Eltern, begeben wir uns auf unbekanntes Terrain. Auch wir lernen von Null an etwas Neues. Doch wie begegnen wir uns eigentlich? Wie hoch ist denn der Maßstab an uns selbst? Erwarten wir, dass wir alle Eltern-Fähigkeiten grundsätzlich beherrschen, weil es in unserer Natur liegt, Eltern zu sein? Oder gestehen wir uns zu, dass wir nicht alles können? Gestehen wir uns zu, dass Eltern sein gelernt werden will? Dass wir, genau so, wie unser Kind, manches von alleine lernen. Manchmal kleine Hilfestellungen brauchen. Und manchmal viel Begleitung, damit etwas besser klappt.

Eltern zu sein heißt nicht nur, die Entwicklung unseres eigenen Kindes zu begleiten. Es bedeutet auch, sich selber weiterzuentwickeln. Wir werden mit unseren eigenen Erfahrungen und Grenzen konfrontiert. Wir erleben nicht nur Liebe und Freude, sondern auch Sorgen und Zweifel, Frust und Wut. Wir müssen feststellen, dass wir manches einfach nicht verstehen und vieles gar nicht wissen. Eltern zu sein ist viel mehr, als nur ein Kind zu bekommen und zu versorgen. Eltern sein bedeutet Lernen, Wachstum und Entwicklung.

Wann in unserem Leben, wurden wir sonst je so herausgefordert? Wann mussten wir je etwas so komplexes erlernen, ohne, dass uns dabei jemand unterstützt hat? Eltern sein wurde uns nicht in die Wiege gelegt. Es fällt uns auch nicht einfach in die Hände. Unser Kind kam nicht mit einer „Betriebsanleitung für gelingendes Familienleben“ auf die Welt.

Wenn wir an unsere Grenzen kommen, müssen wir uns nicht abmühen und verzweifeln. Wir müssen nicht alles alleine schaffen, nur weil wir Eltern sind. Wir müssen aufhören zu glauben, dass Hilfe suchen und annehmen, ein Zeichen von Schwäche und Versagen ist. Es ist ein Zeichen von Liebe und Wertschätzung, uns und unserem Kind gegenüber. Genau so wie wir bei Zeiten unser Kind helfend an die Hand nehmen, dürfen wir als Eltern an die Hand genommen werden.

Damit meine ich nicht wohlwollende Freunde und Verwandte, sondern Menschen, deren Beruf es ist, Kinder und Eltern zu begleiten. Pädagogen, systemische Berater, Familientherapeuten, Erzieher, usw. Menschen, die uns aus ihrer fachlichen Expertise heraus professionell unterstützen und begleiten können.

Lasst uns alte Muster und Glaubenssätze durchbrechen! Wir dürfen uns professionelle Hilfe suchen!

Wir Eltern dürfen Hilfe annehmen,

… um unsere eigenen Kindheitserfahrungen aufzuarbeiten.

… wenn wir für problematische Situationen in unserem Familienalltag, alleine keine Lösung finden.

… wenn wir uns überfordert, hilflos und machtlos fühlen.

… wenn wir emotionale oder mentale Überlastung erleben.

… wenn wir das Gefühl haben uns selber zu verlieren und nur noch als Eltern existieren.

… wenn wir als Paar wieder zueinander finden wollen.

… wenn wir das Gefühl haben, unser Kind braucht Hilfe.

Wir dürfen Hilfe annehmen, wann und warum auch immer, wir das wollen! Denn Eltern sein will gelernt sein!

Autorin: Birte Bloch

Alle Rechte zu Inhalt und Veröffentlichung an dem Text verbleiben bei der Autorin Birte Bloch.